Station 10: Dretzel Weinberg/Telegraph
0. Termine 2020
August:
Sonnabend 15.08: Telegraphenradtour gemeinsam mit OT11
1. Zuordnung
- Wappen der Stadt Genthin
2008 Bundesland Sachsen-Anhalt (ST), Kreis Jerichower Land (JL), Verwaltungsgemeinschaft Genthin (http://www.genthin.de,http://de.wikipedia.org/wiki/Genthin), Gemeinde Gladau (http://de.wikipedia.org/wiki/Gladau), Ortsteil Dretzel
1835 Königreich Preußen, Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Jerichow II, Ortsbereich Dretzel, Stationsstelle: ohne Namen (H78: 47)2. Name
Stationsstelle ohne Namen (Karte von 1835 in HERBARTH 1978: 47), Dretzel Telegraph (Preusissches Urmesstischblatt 1842), Dretzel Weinberg (HERMES & WEIGELT 1842: 172, in H78: 64; Wikipedia 2007-2012)
3. Lage, Koordinaten, Höhe, Karte und Anfahrt
Lage: 1500 m (1/5 preuss. Meile) südlich von Dretzel und 1500 m im ESE von Gladau; 100 m nördlich des gut befahrbaren, großen Feldweges Gladau - Tucheim; an dem kleinen Feldweg, der am Weinberg beginnt und nach NW in Richtung Gladau führt, jedoch in Ackerflächen von Gladau endet. Der kleine Feldweg trennt dort ein Waldstück im NE von einer Ackerfläche im SW, wo die Station Nr. 10 im lichten Wald 15 m nordöstlich von ihm stand (H. WEBER, Information: AS 02/2008).
Die Station befand sich also nicht unmittelbar auf dem eigentlichen Weinberg (MENNING et al. 2011)! Sie stand vielmehr 400 m nordwestlich (der Mitte) des Weinbergs (Urmesstischblatt 1842)
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Höhenprofil der Stationen: Ausschnitt aus dem Telegraphenbuch III: Abb. 5 (© MENNING et al. 2012)
Druckfähige Auflösung (2000x816), 822 KB
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Urmesstischblatt von 1842
Irrtümliche Lage: 1/8 Meile südlich von Dretzel auf dem Weinberg (HERMES & WEIGELT 1842: 172, zitiert in H78: 64). Der eiegentliche Weinberg liegt deutlich südlich, die Station Nr. 10 jedoch deutlich nördlich des E-W-verlaufenden großen Feldweges von Tucheim nach Gladau. Die Station liegt real 1/5 preussische Meile (1500 m) südlich von Dretzel.
Koordinaten: 52°17'57" N, 12°07'05" O
Höhe: 61 m (G. SCHÖNBERG & S. WANSA)
Anfahrt: Der Weg von Dretzel zur Telegraphenstation ist ausgeschildert.
4. Station
4.1 Grundstück, Gebäude und Baumeister
Grundstück: "Mit gerichtlich bestätigtem Kaufvertrag vom 21. Juni 1833 verkauft die Majorin von Ostau 22 1/2 Quadratruten Land auf dem Weinberg an den königlichen Fiskus zur Errichtung der Telegraphenstation. Der Kaufpreis ist 1 Taler, 7 Silbergroschen, 6 Pfennige" (GEMEINDE GLADAU 2008, schriftl. Mitt. HORST WEBER vom 26.02.2008 an AS).
Gebäude: Haus nach englischem Vorbild mit Beobachter- und Wohnzimmer (4,4 x 5 m) und Kammer (2,2 x 5 m); 2,8 m hoch, die Fenster durch Läden zu verschließen, hölzener Anbau - Stall und vermutlich Abtritt; Garten. Über dem Beobachtungszimmer auf dem Dach eine umgitterte Plattform. Die Station ist zum Übernachten geeignet (ARLT 2007: 14)
Baumeister: Ingenieur Hauptmann und Garnisonsbaudirektor Gottlieb Heinrich Ferdinand Heise (1788–1843) von der 2. Ingenieur-Inspektion und Premier-Leutnant Johann Heinrich Carl Lindner von der dritten Pionierabteilung, beide vom IV. Armeekorps in Magdeburg (Herbarth 1978: 63)
Betriebszeit: 1832 bis 1849
4.2 Personal, Nachnutzung, Anekdoten und Verfall
Personal: Obertelegraphist Carl Friedrich Albert Voss (H. Weber nach Kirchenbuch von Dretzel 1835, in: Gemeinde Gladau 2008, schriftl. Mitt. Horst Weber vom 26.02.2008 an AS), Obertelegraphist Voss (Handbuch der Provinz Sachsen 1839, in Ritter 2010)
Untertelegraphist Johann Carl Abraham (nicht Carl Eduard Albert: dieser ist der Sohn vom Telegrafisten Johann Carl). Von ihm heißt es, dass er [zwar] katholisch ist, aber „fleißig am Gottesdienst“ teilnimmt“ (H. Weber nach Kirchenbuch von Dretzel 1835, in: Gemeinde Gladau 2008, schriftl. Mitt. Horst Weber vom 26.02.2008 an AS)
Ereignisse/Anekdoten:
Verkauf: Die Station Dretzel sollte auf Abbruch verkauft werden, [doch] die Direktion wollte es als Wohnhaus für den Flurhüter der Gemeinde veräußern. Am 26.08.1849 teilte der Dorfschulze Mossow dem Landrat mit, dass die Gemeinde das Gebäude nicht kauft. Der Grund und Boden ging an die frühere Besitzerin zurück.
Die ausgemusterte Telegrafenmaschine erwarb der Schmiedemeister Herwig in Tuchheim. Er unterrichtete am 30.10.1850 den Landrat von Alvensleben, dass er 9 Taler und 17 Silbergroschen an die Hauptkasse gezahlt hat.“ (Gemeinde Gladau 2008, schriftl. Mitt. Horst Weber vom 26.02.2008 an AS).
Abbruch:
4.3 Heutige Nutzung, Eigentümer und Beschilderung
Nutzung: Gras-Busch-Land: „Heute erinnert nur noch ein aufgeschütteter Sandhügel daran, wo die optische Telegrafenstation stand“ (Gemeinde Gladau 2008, schriftl. Mitt. Horst Weber vom 26.02.2008 an AS).
Eigentümer:
Beschilderung: noch ohne
4.4 Ein Mauersockel aus preußischen Ziegelsteinen 2013
Im August 2013 wurden (1) die Grundmauer und (2) das Mastfundament der Station Nr. 10 aus Ziegelsteinen im preußischen Normalformat, jeweils 40 cm hoch, eingeweiht. Auch laden dort (3) eine überdachte Picknickgruppe und (4) zwei Schautafeln zum Besuch und Verweilen ein.
Diese gelungene Verschönerung der Landschaft befindet sich praktischerweise direkt am Telegraphenradweg, während die originale Station „Telegraph“ (Urmesstischblatt von 1842) an dem vergrasten Weg 200 m nordwestlich von hier lag (Bilder).
5. Umgebung
5.1/2 Geographie und Geologie
Die Station befand sich auf einer 61 m NN hohen Kuppe nordwestlich des Weinbergs (65,6 m NN) am Rand des Hohen Flämings, der bei Dretzel nach Norden in den Fiener Bruch übergeht. Im Bereich der pleistozänen Hochfläche stehen hier bis 20 m mächtige Saale-zeitliche Schmelzwassersande und -kiese an, die lokal von 3 bis 5 m Geschiebemergel aus dem Warthestadium des Saale-Komplexes bedeckt werden. Unter den Sanden/Kiesen folgen wenige Meter Geschiebemergel des Drenthe-Stadiums und über 20 m vorwiegend fein- bis mittelkörnige Sande aus der Elster-Kaltzeit. Tertiär steht erst in Tiefen von über 50 m unter Gelände an (G. SCHÖNBERG & S. WANSA).
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Geologische Übersichtskarte von Deutschland 1:200 000 Blatt Magdeburg 2000, © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover, mit den Stationen 10, 11 und 12 (Beschaffung: S. Wansa 04/2014, Montage: AH)
5.3 Geschichte, Kultur und Großtrappen
Dretzel (http://de.wikipedia.org/wiki/Dretzel) ist mehr als 1025 Jahre alt und damit einer der ältesten Orte der gesamten Telegrafenlinie! Der Weinberg wird bereits 1613 erwähnt, als Georg von Arnim auf Gladau Dretzel mit sämtlichem Zubehör an Gebhard von Angern aus dem Hause Staßfurt verkauft.
Die Lokalität „Weinberg“ verrät, dass auch hier, wie auf zahllosen Hügeln der Mark Brandenburg, im 19. Jh. Wein angebaut wurde. Der Weinberg ist ein Ausläufer des Flämings (schriftl. Mitt. Horst Weber vom 26.02.2008 an AS).
Die Herrenhäuser in Dretzel und Brandenstein sowie die Kirchen in Dretzel und Gladau sind liebvoll restauriert (Faltblatt 2011: Auf den Spuren der optischen Telegraphie im Jerichower Land).
Großtrappen, die größten flugfähigen Vögel Mitteleuropas, sind mit etwas Glück im Fiener Bruch in freier Wildbahn zu beobachten. Empfohlen wird dazu der Aussichtsturm nahe des Königsroder Hofs, der von Tuchheim nach Norden fahrend zu erreichen ist.
5.4 Gewerbe und Produkte
Im nahen Genthin (www.genthin.de) produziert ein Werk von Persil "Spee" (www.spee.com) . In der DDR war "Spee" das begehrteste (gekörnte) Waschmittel.
5.5 Gaststätten und Herbergen
Gaststätte Bauerneck, 39307 Gladau, Friedensstr. 26, Tel.: 03 93 42 – 2 62
Gaststätte und Pension Zum Fiener, 39307 Tucheim, Ziesarstr. 112, Tel. 03 93 46 – 2 31, Außer-Haus-Lieferung, ab 9.00, Mo Ruhetag
6. Kontakte
Horst Weber, Friedensstraße 23, 39307 Gladau; Tel. 03 93 42 – 3 03 17
Ortsbürgermeister Dr. B. Schwandt, Tel. 03 93 42 – 2 32, bernhard.schwandt@t-online.de (Faltblatt 2011: Auf den Spuren der optischen Telegraphie im Jerichower Land)
Heimatverein Grabow, Torsten Wambach, Birgit Blumhagel, Dorfstr. 42, 39 291 Grabow, Tel. 0160 – 10 25 540, Birgit.Blumhagel@t-online.de
7. Information
7.1 Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Gladau
http://www.genthin.de
7.2 Schriften
GEMEINDE GLADAU (Hrsg.; bearbeitet von H. Weber & J. Wächter) (2008): Chronik von Gladau. Die Errichtung einer Postagentur und eine Telegraphenbetriebstelle in Gladau und Dretzel. – Glaudau (H. Weber).
Handbuch der Provinz Sachsen (1839, 1843, 1854) [zitiert in RITTER 2010]
HERMES & WEIGELT (1842): Historisch-geographisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirk Magdeburg, Bd. II; Magdeburg.8. Öffnungszeiten
dauerhaft zugänglich
9. Zur Station Nr. 11
Luftlinie: 10,3 km; zur Station Nr. 9: 13,3 km (TBIII: Tab. 2)
Telegraphenradweg: x km (K. Schmeißer)
Telegraphenstraße: x km mit PKW bis zur Telegraphenattrappe an der Wendeschleife in Ziegelsdorf; danach 600 m Fußweg
- Von der Station 10 zur Station 11Dretzel – Ziegelsdorf (K. SCHMEIßER)
Hohe Auflösung
Der Telegraphenradweg verläuft von der Station Nr. 10 via Gladau, Brandenstein, Krüssau und Rietzel zur Station Nr. 11 in Ziegelsdorf. Die 2014/15 für ihn installierten Wegweiser (Bilder) erfreuen die Herzen nicht nur der Telegraphisten und sie erleichtern die Benutzung der Strecke spürbar. Die Bilder sind entsprechend dieses Weges geordnet. Herzlichen Glückwunsch zur Ausschilderung!